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Fakultät für Biologie, Chemie & Geowissenschaften

Arbeitsgruppe Klimatologie - Prof. Dr. Cyrus Samimi

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Klimawandel und Klimaanpassung im LK Forchheim

Hintergrund

Der globale Klimawandel ist voll im Gang und bewirkt auch in Bayern einen deutlichen Anstieg der Temperaturen. Im Klima-Report Bayern 2021 wird für Bayern eine Erwärmung von 1,9 °C von 1961-2019 berichtet, die sich auch bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen noch weiter fortsetzen wird. Insbesondere im Frühjahr und Sommer sind die Anstiege dabei mit 2,1 °C und 2,4 °C besonders hoch. Diese Werte liegen deutlich über den im Pariser Klimaschutzabkommen vereinbarten 1,5 °C und nahe an dem 2 °C Ziel, was mit lokalen Effekten und dem Vergleichszeitraum zusammenhängen dürfte. Am Gesamtbefund einer deutlichen Erhöhung der Temperatur gibt es aber keinen Zweifel, wie auch großräumigere Ergebnisse zeigen, die beispielsweise Copernicus bereit stellt.

Zu beachten ist hierbei, dass die Erwärmung global und auch regional nicht gleichmäßig erfolgt. Insbesondere in der Arktis ist sie überproportional hoch und dabei vor allem im Norden Russlands. Dies hat einen großen und problematischen Einfluss auf den Permafrost in dieser Region, dessen Auftauen große Mengen Treibhausgase in die Atmosphäre emittiert. Es gibt aber auch Regionen mit wenig Veränderung oder sogar Abkühlung gibt, wie beispielsweise im Nordatlantik (Abb. 1). Global erwärmen sich die hohen und mittleren Breiten stärker als die Tropen, woraus ein geringeres Energiegefälle resultiert. Dies wird in Verbindung mit stabileren Großwetterlagen gebracht (s. unten).

Klar zeigen sich in Europa die positiven Abweichungen der Temperatur seit Anfang des Jahrhunderts (Abb. 2). Nur das Jahr 2010 war nicht wärmer. Diese Abbildung zeigt eindrucksvoll die rasante Zunahme der Erwärmungstendenz.

Copernicus veröffentlicht auch monatliche Bulletins, die demonstrieren, dass es im Kontext der globalen Erwärmung regional auch Monate geben kann, die deutlich zu kalt sind, wie das Frühjahr 2021 in weiten Teilen Mittel- und Westeuropas (Abbildung 3), wobei sofort auffällt, dass es in Osteuropa wärmer als im langjährigen Mittel war.

Für die Jahresniederschlagssummen und die Niederschläge der jeweiligen Jahreszeiten ergibt sich im Trend für Bayern laut dem Klima-Report Bayern 2021 noch keine statistisch abgesicherte Entwicklung, wenngleich aber die letzten Jahre zu trocken waren. In einer neuen Veröffentlichung von Büntgen et al. (2021) und einer Zusammenfassung wird dargelegt, dass der Rückgang der Niederschläge seit 2015 seit 2100 Jahre beispiellos ist. Selbst das sehr feuchte Frühjahr 2021 hat in einigen Regionen Deutschlands nicht zu einer Entspannung geführt, wie der Dürremonitor des UFZ zeigt. Betroffen ist auch der Westen des Landkreises Forchheim (Abbildung 4). Für die langen stabilen Wetterphasen, sogenannte Großwetterlagen, die dann zu langanhaltender Dürre und Hitze, aber auch Kälte führen können, werden auf eine Abschwächung des Jetstreams zurückgeführt. Dies führt dann zu ortsfesten Tief- und Hochdruckgebieten.

Die Temperaturerhöhung und die veränderten Niederschlagverhältnisse haben schon gravierende auf die Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Ökosysteme. Dürreschäden in der Landwirtschaft und in den Wäldern sind in den letzten Jahren allgegenwärtig. Auch sogenannte Spätfrostschäden im Obst- und Weinbau haben immer wieder negative Auswirkungen. Im Jahr 2017 gab es in Mitteleuropa ein starkes Spätfrostereignis für das die MunichRe den Schaden auf 3,3 Mrd. €  schätzt. Auch hier spielt der Klimawandel eine entscheidende Rolle, denn die Vegetation reagiert im Frühling deutlich früher. So beginnt der Apfel laut der Aufzeichnungen des DWD in Deutschland im Mittel im Jahr 2020 etwa 18 Tage früher zu blühen an als 1951, also schon Ende März. Die Gefahr von Spätfrostereignissen nimmt auch wegen der oben diskutierten Großwetterlagen aber nicht ab und so steigt die Gefahr von Schäden an schon blühenden Obstbäumen und Wein.

Im Kontext des Klimawandels wird zunehmend das Stadtklima thematisiert, denn Siedlungsstrukturen beeinflussen den Strahlungs- und Feuchtigkeitshaushalt und führen zur städtischen Wärmeinsel. Dies wirkt vor allem in großen Städten, aber im Projekt MiSKOR konnten der Effekt in Bayreuth mit einer deutlichen Überwärmung im Vergleich zum Umland nachgewiesen werden. Die Temperaturen können in Innenstädten dabei bis zu 6 °C höher liegen als außerhalb der Stadt. Der Effekt kann durch planerische Maßnahmen wie Begrünung und geringer Versiegelung abgemildert werden.

Klimawandel im Landkreis Forchheim

Um Fragen der Klimaanpassung zu adressieren ist im Landkreis Forchheim das EU-Project STRENCH angesiedelt. Im Rahmen des Projektes untersuchen wir zusammen mit dem Institut der Geographie der FAU Erlangen-Nürnberg die Auswirkungen des Klimawandels auf den Obstanbau und die Temperaturverhältnisse in Siedlungen. Zu diesem Zweck betreiben wir im Landkreis Forchheim mehrere Klimastationen und ökologische Instrumente an Bäumen, um Informationen über entsprechende Zusammenhänge zu sammeln.

Obstbau

Wetterstationen

Die Klimastationen stehen im Wildpark Hundshaupten und in Oberzaunsbach (Abb. 5). Die Standorte folgen einem Höhengradienten, um diesen Einfluss auf die Temperatur zu erfassen. Da Kaltluft schwerer als Warmluft ist, fließt sie bei schwachem Wind nach unten und sammelt sich in der Nacht in Tallagen. Diesen Unterschied in den Temperaturen sieht man immer wieder an den beiden Stationen, die ganz oben (Wildruhewiese im Wildpark Hundshaupten) und ganz unten (Aue bei Oberzaunsbach) stehen. Den direkten Vergleich der beiden Stationen können Sie hier abrufen. Weitere Daten der Stationen Wildpark und Oberzaunsbach sind ebenfalls verfügbar. Neben diesen beiden Stationen steht eine weitere Station im Wisentgehege und in Oberzaunsbach. Die Stationen messen folgende Werte: Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Windrichtung, Windgeschwindigkeit, Bodenfeuchte (10 cm und 20 cm Tiefe), sowie nur an den Stationen Wildruhewiese und Aue Niederschlag und photosynthetisch aktive Strahlung. Zusätzlich stehen zwei Stationen auf einem nord- und einem südexponierten Hang, die Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Strahlung und Bodenfeuchte messen. Mit weiteren Klimastationen in der Region, die z.B. vom Deutschen Wetterdienst betrieben werden, können wir eine Differenzierung des Klimas vornehmen und wollen somit den Einfluss auf den Obstbau ableiten. Die Spätfrostgefahr könnte vor allem in den Tallagen problematisch sein, während Trockenstress eher an sonnenbeschienen Südhängen auftreten könnte. Mit den Stationen, die im Landkreis schon länger laufen, können auch Veränderungen durch den Klimawandel abgeleitet werden.

Dendrometer

Um den Klimaeinfluss direkt an den Bäumen zu messen wurden bei Ober- und Unterzaunsbach an Kirschbäumen und im Wildpark an Nadelbäumen sogenannte Dendrometer angebracht (Foto 2). Dendrometer zeichnen geringe Änderungen des Umfangs der Bäume auf. Neben dem jährlichen Wachstum schwankt der Umfang sehr kurzfristig bei Veränderungen der Wasserversorgung. Sie schrumpfen, wenn wenig Wasser zur Verfügung steht und werden bei guter Versorgung wieder dicker. Die Kombination aus Klimamesswerten und direkt messbarer Reaktion der instrumentierten Bäume ermöglicht eine unmittelbare Zuordnung der Auswirkungen von Hitze- und Trockenphasen auf die Streuobstbestände und die Nadelbäume.

Thermalbefliegung

Siedlungsklima

Um den Effekt des Siedlungsklimas für die unterschiedlichen Siedlungsgrößen im Landkreis zu quantifizieren, wird in Forchheim an drei Wetterstation die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit gemessen. Die Standorte auf dem Paradeplatz, beim Landratsamt und im Westen der Stadt repräsentieren dabei drei unterschiedliche Stadtstrukturen. Zusätzlich zu den festen Stationen wird während Hitzewellen mit mobilen Messungen auf einem Fahrrad eine weitere Charakterisierung und Differenzierung des Wärminseleffekts vorgenommen. Neben den Messungen in Forchheim wird der Effekt in Ebermannstadt und Pretzfeld untersucht. Zusätzlich zu den bodengestützten Messungen fanden während Hitzeperioden in den Jahren 2022 und 2023 Thermabefliegungen statt, die dazu dienen, die räumliche Differenzierung der Oberflächentemperaturen zu charakterisieren und den Einfluss verschiedener Stadtstrukturen darauf zu erheben.

Frosttage

Ergebnisse

Obstbau

Erste Analysen für den Landkreis zeigen, dass auch im Zeitabschnitt 1991-2020 bis Mitte Mai Fröste auftreten können, auch wenn die wenn die Zahl der Forsttage im April/Mai von etwa neun Tagen auf ca. fünf Tage abnimmt (Abbildung 5).

Frosttage und Kirschblüte

In Abbildung 6 ist der Zusammenhang zwischen Spätfrosttagen und dem Beginn der Kirschblüten abgebildet. Schön ist der Rückgang der Anzahl der Frosttage zu sehen, wobei deren Anzahl von Jahr zu Jahr schwankt. Gleichzeitig verschiebt sich der Blühbeginn der Kirsche von etwa Tag 120 des Jahres (30. April) auf Tag 105 des Jahres (16. April). Der früheste Beginn wurde sogar schon Anfang April verzeichnet.

Frosttage und Kirschblüte

Den gleichen Zusammenhang zeigt Abbildung 7, in der die Wahrscheinlichkeitsdichten für Frosttage und dem Blühbeginn der Kirsche für verschiedene Zeitabschnitte dargestellt sind. In der linken Graphik sieht man, dass im Zeitraum 1991-2020 die Wahrscheinlichkeit für Frosttage im April und Mai bei fünf Tagen liegt, also niedriger als in den vergangen Abschnitten. Gleichzeitig fängt die Kirsche höchst wahrscheinlich schon am Tag 110 des Jahres an zu blühen. Durch den Klimawandel blüht die Kirsche, wie auch andere Obstbäume immer früher, während trotzdem noch Spätfrostereignisse auftreten können, die dann zu massiven Schäden führen können.

Hitzetage

Hitzewellen

Mit der globalen Temperaturerhöhung nimmt auch im Landkreis Forchheim die Wahrscheinlichkeit für Hitzetage zu (Abb. 8). Im Zeitabschnitt 1961-1990 lag die höchste Wahrscheinlichkeit für Tage mit Temperaturen über 30 °C bei fünf Tagen. Mit einer geringen Wahrscheinlichkeit gab es etwas über 20 Tage mit mehr als 30 °C. Im Zeitabschnitt 1991-2020 lag die höchste Wahrscheinlichkeit bei 11 Tage und es gibt auch die Möglichkeit, wenn auch wenig wahrscheinlich, von mehr als 40 Tagen mit über 30 °C.

Hitzetage

Auch Temperaturen höher als 35 °C werden im Landkreis immer häufiger gemessen, wie Abbildung 9 zeigt. An der Station Möhrendorf-Kleinseebach, die etwas südlich des Landkreises liegt, wurden im gesamten Zeitabschnitt 1961-1990 fünf Tage mit mehr als 35 °C erfasst, im Zeitabschnitt 1991-2020 waren es 46 Tage. Am 22. Juli 2022 wurden an der Station mit 39,5 °C die höchste Temperatur seit dem Messbeginn im Jahr 1949 gemessen. An der Station Bammersdorf, nördlich von Forchheim, waren es an dem Tag 38,9 °C (Zandler & Samimi 2024). An diesem Tag wurde eine Thermalbefliegung über Forchheim durchgeführt, um die räumliche Differenzierung der Oberflächentemperaturen zu messen und vor allem die Kühlwirkung der Stadtbäume abzuschätzen. Die Ergebnisse sind publiziert (Zandler & Samimi 2024).

Publikationen und Berichte

  • Zandler, H. & C. Samimi (2024): Cooling Potential of Urban Tree Species during Extreme Heat and Drought: A Thermal Remote Sensing Assessment. Remote Sensing 16(12) ...mehr
  • Bolten, S. (2024): Räumliche und zeitliche Variation der urbanen Wärmeinsel in Forchheim. unveröffentlichte Bachelorarbeit an der Universität Bayreuth.
  • H. Zandler (Universität Graz) und C. Samimi haben Ergebnisse auf der EGU 2024 (14–19 April 2024) in Wien vergestellt ...mehr
  • TV Reportage in der Frankenschau des Bayerischen Rundfunk ...mehr

Fremdquellen


Verantwortlich für die Redaktion: Univ.Prof.Dr. Cyrus Samimi

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